Das stille Örtchen – Toiletten in der Antike
Ein Beitrag von Nisa Iduna Kirchengast - Redaktion: Daniel Kunc, Thomas Mauerhofer
Anlässlich des Welttoilettentages am 19. November lohnt sich ein Blick zurück auf die Entwicklung der sanitären Anlagen – und dabei besonders auf die römische Antike. Während die hygienischen Standards der Römer nicht mit heutigen Maßstäben vergleichbar sind, erreichten Errungenschaften wie Bäder, Wassertoiletten und Kanalisationssysteme erst in der Neuzeit wieder ein ähnliches Niveau.
Die Römer kannten zwei Haupttypen von Toiletten: Gemeinschaftslatrinen mit Wasserspülung, die vor allem in Militärlagern und städtischen Zentren vorkamen, und einfache Grubenlatrinen, welche etwa heutigen Plumpsklos entsprachen. Während die Wasserspülung hygienische Vorteile bot, erschwerte sie die Konservierung archäologischer Funde. Nicht geleerte Grubenlatrinen hingegen sind heute wahre Fundgruben und bieten vielfältige Einblicke in die römische Lebensweise. So wurden in den Latrinen botanische und zoologische Überreste entdeckt, die ein Bild der römischen Ernährung zeichnen. Ein besonderer Fundkomplex betrifft den Nachweis von Parasiten, deren Eier in den Latrinen gefunden wurden und auf weit verbreitete Gesundheitsprobleme hinweisen. In römischen Städten waren öffentliche Toiletten weit verbreitet und befanden sich oft in der Nähe der Thermen. Diese Latrinen variierten architektonisch, wobei rechteckige, quadratische und apsidiale Formen vorkamen. In den größeren Anlagen gab es meist Sitzreihen aus Holz oder Stein, und die Nutzung dieser Gemeinschaftslatrinen bot Gelegenheit für soziale Kontakte und Austausch – ein in der heutigen Zeit ungewohnter Aspekt der Toilettenkultur.
Neben diesen großen Gemeinschaftslatrinen, die teils gebührenpflichtig waren, existierten auch einfachere, einsitzige Latrinen entlang der Straßen. So führten in Carnuntum hölzerne Kanäle das Abwasser in größere Sammelsysteme, wobei Sichtschutz oder Sitzpolsterungen meist fehlten. Auf dem Land fand man hingegen meist die einfachen Grubenlatrinen. Ausgrabungen in der Zivilstadt von Carnuntum zeigen, dass private Häuser selten über eigene Toiletten verfügten. Wo diese vorhanden waren, lagen sie oft in einem abgetrennten Bereich der Küche – eine für heutige Vorstellungen ungewöhnliche Kombination, die jedoch dem Zugang zur Abwasserentsorgung geschuldet war.
Nachttöpfe für jung und alt
Der Nachttopf war in römischen Haushalten ein unverzichtbarer Gebrauchsgegenstand, da die meisten Wohnungen und Häuser keine eigenen Toiletten besaßen. Archäologische Funde von Nachttöpfen entlang der sogenannten Weststraße in Carnuntum, heute Teil des römischen Stadtviertels im Archäologischen Park , zeugen von deren Alltagsnutzung. Viele Fragmente und einige vollständig erhaltene Nachttöpfe fanden sich in antiken Abwasserkanälen und Straßenschüttungen, oft in direktem Zusammenhang mit Fäkalien- und Abfallschichten. Einige dieser Funde wurden nahe einer Therme entdeckt, was auf die vielseitige Nutzung der Gefäße in unmittelbarer Nähe von Wohn- und Arbeitsbereichen hindeutet. Die Analyse der Nachttöpfe unterscheidet zwei Haupttypen: die konischen „lasani“ ohne Henkel, die bis zu 11 Liter fassen konnten, und die flachen „trullae“ mit Griffen, die möglicherweise zum Urinieren einiger Entfernung dienten.
Nachttopf (lasanum) aus dem Abwasserkanal 5 der Weststraße (Zivilstadt von Carnuntum) © Landessammlungen NÖ, Archäologischer Park Carnuntum (Foto: N.Gail)
Römische Autoren wie Martial und Juvenal schildern den alltäglichen Gebrauch dieser Gefäße oft humorvoll. Martial etwa beschreibt, wie Nachttöpfe bei Gelagen genutzt wurden, um den Raum nicht verlassen zu müssen. Während die Oberschicht Nachttöpfe aus wertvollen Materialien wie Gold oder Silber besaß, waren einfache Tongefäße weit verbreitet (Mart. 14, 119). Morgens wurden die Nachttöpfe in die nächstgelegene Latrine oder in ein Urinfass an einer Straßenecke entleert. Urin wurde als Rohstoff auch von Gerbern und Textilverarbeitern geschätzt, was Kaiser Vespasian dazu veranlasste, eine Urinsteuer einzuführen – Grundlage seines berühmten Ausspruchs „pecunia non olet“ („Geld stinkt nicht“). Man durfte zwar den Nachttopf bzw. seinen Inhalt nicht aus dem Fenster schütten, es gibt aber viele Belege für solche Vorkommnisse in Rom, wie Juvenal (Juv. 6, 264) berichtet:
[...] Richte den Blick jetzt auf weitere unterschiedliche Gefahren in der Nacht:
welche Höhe die aufragenden Häuser haben, von denen aus eine Scherbe das Hirn trifft,
wie oft lecke und zerbrochene Gefäße aus den Fenstern fallen,
mit welcher Wucht sie auf das Pflaster schlagen, es zeichnen und beschädigen.
[...] Hoffe daher und trage dich hin mit dem kläglichen Wunsche,
Dass sie sich mit dem Erguss geräumiger Schüsseln begnügen.
Diese archäologischen und literarischen Quellen zeichnen ein lebendiges Bild des römischen Alltags und der sozialen Strukturen in Städten wie Carnuntum, in denen Hygiene, Esskultur, wirtschaftliche Kreisläufe und gesundheitliche Herausforderungen miteinander verknüpft waren.
Weiterführende Literatur:
B. Petznek – S. Radbauer, Römische Nachttöpfe aus der Zivilstadt von Carnuntum, CarnuntumJb 2008, 51–71.