23. April 2025, 19.00 Uhr

SEUCHEN IN DER ALTEN WELT

von Dr. Rupert Breitwieser - Universität Salzburg

Musikzimmer der Diplomatischen Akademie
1040 Wien, Favoritenstraße 15a

Krankheit, Leid und Tod ist seit Anbeginn der menschlichen Existenz eine prägende Erfahrung, individuell und als gesellschaftliches Ganzes. Bereits im Alten Orient war die Auseinandersetzung mit Krankheit und Tod und den damit verbundenen Ängsten und Sorgen so bestimmend, dass, neben den eigentlichen medizinischen Texten, auch in zahlreichen Gebeten, Beschwörungen, Briefen und Dichtungen darauf Bezug genommen wird. Epidemien wurden primär als Strafe der Götter angesehen und Götter und Dämonen brachten sie auch über die Menschen. Schutz boten lediglich eine Vielzahl an unterschiedlichen Ritualen und Exorzismen, wobei es teilweise zur Vermischung von ritueller Handlung und tatsächlicher Krankenbehandlung kam.

Die früheste literarische Überlieferung eines Seuchenausbruches im ersten Gesang der Ilias, wo das dadurch ausgelöste Massensterben unter den Achäern die erfolgreiche Belagerung von Troja ernsthaft gefährdet. Als Grund für das Auftreten der Epidemie führt Homer eine kollektive Bestrafung durch Apollon Smintheus an, da sein Priester Chryses vom Führer der Achaier Agamemnon verhöhnt und bedroht worden war. Der Bogenschütze Apollon sollte der Pestgott schlechthin im gesamten Altertum bleiben.

Die früheste authentische Schilderung eines Seuchenausbruches wurde vom attischen Geschichtsschreiber Thukydides verfasst, der mit seiner Beschreibung der „Attischen“ oder „Thukydideischen Pest“ ein literarisches Kunstwerk in höchster Form geschaffen hat, das bis in die Neuzeit hinein eine ungeheure Vorbildwirkung auf zahlreiche weitere Schilderungen von Seuchenausbrüchen gehabt hat. Die „Attische Pest“ führt im belagerten Athen zur anomia, zur Gesetzlosigkeit, dem kurzfristigen Zerfall aller religiösen und sozialen Werte und Beziehungen. Gerüchte über Brunnenvergiftungen beunruhigten die Massen.

Populär wurde der Vorwurf der Brunnenvergiftung dann im Mittelalter und besonders während der großen Pest 1347 – 1351. Als Brunnenvergifter wurden fast immer Juden bezichtigt, was in vielen, vom „Schwarzen Tod“ betroffenen Gebieten zu Pogromen gegen Juden führte.

Auch der Ausbruch der „Antoninischen Pest“, wohl die erste Pandemie in der Menschheitsgeschichte, wird mit Apollon in Zusammenhang gebracht, da römische Legionäre nach der Eroberung der Stadt Seleukia auch den Tempel des Apollon Komaeus plünderten und dabei aus Versehen eine Nische beziehungsweise ein Kästchen öffneten, aus dem der verderbliche Pesthauch entwich und das ganze Imperium verseuchte. Sicherlich hat die „Antoninische Pest“ zu einer weiteren Verschlechterung der damaligen schwierigen Gesamtsituation des Römischen Reiches geführt, was besondere staatliche Maßnahmen notwendig machte. Viele Menschen waren von der Seuche tief betroffen und es folgte eine Zeit der wirtschaftlichen Schwierigkeiten und politischen Unsicherheiten.

Die Suche nach den Ursachen und die Suche nach den Schuldigen, verbunden mit Angst und Ohnmacht des Individuums, der Gruppe, ja sogar der ganzen Gesellschaft vor der grausamen Seuche prägte den Umgang mit Epidemien im Altertum. Fast alles spielte sich auf einer emotionalen Ebene ab. Unzulängliche Mittel zur Bekämpfung führten zu Verschwörungstheorien und zur Ausgrenzung und Ächtung von Einzelpersonen sowie gesellschaftlichen Randgruppen. Ein auch heute noch wohlbekanntes Phänomen!

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