Die Abwasserentsorgung und Kanäle Carnuntums

Ein Beitrag von Nisa Iduna Kirchengast - Redaktion: Daniel Kunc, Thomas Mauerhofer
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Hauptabwasserkanal des Auxiliarkastells (Foto: T. Mauerhofer)

Nam necesse est ex castellis aliquam partem aquae effluere, cum hoc pertineat non solum ad urbis nostrae salubritatem, sed etiam ad utilitatem cloacarum abluendarum 
(Frontinus, De aquaeductu Urbis Romae 2, 111)
„Denn, dass aus den Schlössern einiges Wasser ausfließe, ist erforderlich, sowohl zur Gesundheit unserer Stadt, als auch zum Gebrauch bei dem Reinigen der Cloaken“

Die Versorgung mit ausreichenden Lebensmitteln und sauberem Trinkwasser für Mensch und Tier, ein funktionierendes Abwassersystem, Badegebäude sowie eine gute medizinische Betreuung waren wichtige Grundvoraussetzungen im römischen Alltag großer Städte. Viele römische Städte verfügten deshalb neben einem großangelegten Wasserleitungsnetz ebenfalls über modern anmutende Abwassersysteme. Die oftmals aus wiederverwendetem Baumaterial (sogenannte Spolien) gebauten Kanäle entwässerten die Latrinen, Thermen und Brunnenüberläufe und sorgten bei Regenfällen für einen schnellen Abfluss des Dach- und Straßenwassers. Ein funktionstüchtiges Kanalisationssystem war nötig, um eine mögliche Ausbreitung von Krankheiten und Seuchen zu verhindern. Auch in den Militärlagern gehörte zusammen mit den Mannschaftstoiletten, den Lagerthermen und dem Lagerspital das Abwassersystem zu den wichtigsten hygienischen Einrichtungen, um die rund 6000 Legionäre gesund und somit einsatzbereit zu halten.

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In Carnuntum gab es, wie in den meisten römischen Städten der damaligen Zeit, ein unter den Straßen verlaufendes Kanalsystem. Es hatte zumeist gemauerte Wände, einen Boden aus Ziegelplatten und war mit Steinplatten abgedeckt. Oft wurden die Ab- und Niederschlagswässer in getrennten Kanälen gesammelt und in einen großen Strom geleitet. Der große Abwasserkanal sammelte das Schmutzwasser aus den kleineren Seitenkanälen und ließ es in Sickerschächte oder Richtung Donau hinabfließen. Öffentliche WC-Anlagen (Latrinen) gehörten ebenfalls zur Ausstattung der Siedlungen und die Abfälle wurden ebenfalls in die Kanalisation geleitet. Die meisten privaten Häuser besaßen keine eigene Latrine und waren auch nicht an das städtische Kanalsystem angeschlossen, daher standen den Einwohnern Senkgruben zur Verfügung. Es gibt aber auch Nachweise von Städten, die gar keine Kanalisation hatten: Flavia Solva nahe Leibnitz bei Graz (Steiermark) etwa, wo es kein Kanalsystem gab und die Trinkwasserversorgung wie die Abwasserentsorgung ausnahmslos über Brunnen und Sickerschächte erfolgten.

Archäologische Forschungen zur Kanalisation Carnuntums:

Bei Ausgrabungen im Siedlungsgebiet Carnuntums wurden verschiedene Abschnitte des Abwassersystems bereits untersucht. In den westlichen Canabae wurde Ende der 1970er Jahre nördlich des Reiterlagers eine Trinkwasserleitung entdeckt, die den Hauptabwasserkanal des Auxiliarkastells kreuzte. Normalerweise wurde der Abwasserkanal stets unter der Frischwasserleitung verlegt, damit das Trinkwasser nicht durch austretende Flüssigkeiten des Fäkalienkanals verunreinigt werden konnte. Hier verläuft jedoch die Trinkwasserleitung unter einer Abwasserleitung, was laut römischer Bauordnung verboten war. Warum der Abwasserkanal nicht tiefer gelegt wurde, ist unbekannt. Möglicherweise wollte man die notwendigen Materialbewegungen vermeiden, die in den instabilen, schottrigen Untergrund hätten eingreifen müssen. Nach heutigem Maßstab muss man aber, nun ja, von „Pfusch“ sprechen.

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Trinkwasserleitung im Auxiliarkastell (Foto: T. Mauerhofer)

1993 wurden dann im Bereich des Auxiliarkastells eine Latrine und ein umlaufender Abwasserkanal freigelegt. In der Kanalbiegung wurde komprimiertes Schwemmmaterial gefunden, das Pflanzen- und Tierreste enthielt, weshalb Sedimentproben für bioarchäologische Untersuchungen entnommen werden konnte. Die Funde stammen aus dem Ende des 2. bis Anfang des 3. Jahrhunderts und zeigen u.a. Spuren von Gerste, Emmer und Linsen, welche auf Küchen- und Herdbereiche hinweisen. Zusätzlich wurden in einer nahen Latrine Reste von Obstsorten wie Feigen, Weinreben, Äpfel, Birnen, Pflaumen und Erdbeeren gefunden, sowie Öl- und Gewürzpflanzen. Ebenso wurden tierische Überreste im Kanal gefunden, wie etwa Knochenreste von kleineren Haustieren und Wirbeltiergruppen. Bei den untersuchten Haustierresten sind Schafe, Schweine sowie Katzen und kleine Hunde vertreten, ebenso sind Hühner und kleinere Tiere wie Maulwürfe und Wechselkröten enthalten. Außerdem wurden Überreste von Insekten wie Stuben- und Buckelfliegen und Mollusken gefunden.

    Schädelfragment einer Hausmaus aus dem Kanal des Auxiliarkastells. (Foto: Rudolf Gold, Institut für Paläontologie der Universität Wien)

    Weiterführende Literatur zu diesem Text:

    G. K. Kunst – S. Radbauer, Interdisziplinäre Forschungen in der Zivilstadt von Carnuntum. Grabungs- und Aufarbeitungsprojekt Weststraße, in: M. Meyer – V. Gassner (Hrsg.), Standortbestimmung. Akten des 12. Österreichischen Archäologentages, Wiener Forschungen zur Archäologie 13 (Wien 2010) 281–295.

    M. Philipp – M. Popovtschak – U. Thanheiser – G. K. Kunst – W. Waitzbauer – C. Frank, Aufgestaut – Bioarchäologische Funde aus einem kaiserzeitlichen Kanal im Auxiliarkastell Carnuntum, in: D. Beyll – W. Hameter – C. Kandler (Hrsg.), Carnuntiner Wege. Festschrift für Manfred Kandler zum 80. Geburtstag, Römisches Österreich Jahrgang 44 (2021) (Graz 2021) 75–102.

    A. O. Just, Die Kreuzung einer römischen Trinkwasserleitung mit dem Hauptwasserkanal des Auxiliarkastells der Provinzhauptstadt Carnuntum (Petronell-Carnuntum 2003). 

    H. Stiglitz, Zur Wasserversorgung der Zivilstadt von Carnuntum, in: F. Humer (Hrsg.), Römische Thermen. Forschung und Präsentation; Akten des Internationalen Kolloquiums veranstaltet vom Archäologischen Park Carnuntum und der Gesellschaft der Freunde Carnuntums, 17. - 18. September 2009 in der Kulturfabrik Hainburg (Hainburg 2011) 101–106

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