Gräbst du noch oder wohnst du schon? Wohnen im antiken Carnuntum

Ein Beitrag von Nisa Iduna Kirchengast - Redaktion: Daniel Kunc, Thomas Mauerhofer

Smart Home, Carport, Wärmepumpe - während sich das Wohnen heute durch moderne Technologien, hohe Individualität und Komfort auszeichnet, zeigt ein Blick in die Antike, wie einst Wohnformen dem sozialen Status, den Bedürfnissen und den Möglichkeiten der Menschen in anderer Weise entsprachen. Carnuntum spiegelt wie viele andere Provinzhauptstädte der Antike in seinen Bauten und seiner Stadtstruktur das vielfältige Leben der römischen Gesellschaft wider. Von den einfachen Wohnhäusern der Handwerker bis zu den luxuriösen Stadtvillen und ländlichen Gutshöfen existierte eine breite Palette an unterschiedlichen Haustypen und Wohnformen, die je nach sozialem Status, Funktion und Lage variierten.

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Das antike Carnuntum bestand aus mehreren Siedlungsteilen, die unterschiedlichen Zwecken dienten. Die Zivilstadt, etwa auf dem Gebiet des heutigen Petronell-Carnuntums gelegen, entwickelte sich seit der zweiten Hälfte des 1. Jahrhunderts n. Chr. zu einer dauerhaften Siedlung.  Anfang des 3. Jahrhunderts kann, in Folge der Ernennung zurcolonia und Provinzhauptstadt Oberpannoniens, ein Anstieg in der Bautätigkeit beobachtet werden: die Stadt scheint baulich aufgewertet worden zu sein, was möglicherweise durch eine stabilere politische Lage begünstigt wurde. Diese Stadt war geprägt von einem Straßenraster mit regelmäßigen Häuserblöcken, den sogenannten insulae, in denen der Großteil der Bewohner lebte und arbeitete. Die canabae legionis, die sich um das Legionslager formierten, waren das Wohngebiet der Zivilbevölkerung, die dem Militär nahe stand, darunter Händler, Handwerker und Familien der Soldaten. Der Bereich des Legionslagers selbst, östlich der Zivilstadt gelegen, welcher dem Militär vorbehalten war, bot den Soldaten Wohnraum in Kasernen. Außerhalb dieser urbanen Siedlungszentren lagen die landwirtschaftlich genutzten Flächen und Gutshöfe (villae rusticae), die das Umland versorgten.

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Übersichtsplan der Carnuntiner Zivilstadt mit den im Westen und Süden gelegenen Vorstadtzonen und den zwei Amphitheatern (II und III). – © Wallner (Geosphere Austria)

Aus "C. Gugl - M. Wallner – E. Pollhammer, Carnuntum – Eine antike Siedlungsagglomeration an der mittleren Donau, Roman urban landscape. Towns and minor settlements from Aquileia to the Danube, Opera Instituti Archaeologici Sloveniae 47, 2024, 377–401"

In der Zivilstadt gab es sowohl Miets- und Stadthäuser als auch größere Villenanlagen: Mehrstöckige Mietshäuser (insulae) waren in den städtischen Bereichen des römischen Reiches, auch in Carnuntum, verbreitet. Diese Gebäude boten Platz für mehrere Familien, wobei die Wohnqualität und Ausstattung je nach Stockwerk variierten. Die unteren Etagen waren meist komfortabler, während die oberen, oft nur über Treppen zugänglichen Wohnungen, einfacher ausgestattet waren (domus quarta).

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Domus Quarta im rekonstruierten Stadtviertel in Carnuntum

Viele der Wohnbauten in Carnuntum waren sogenannte Streifenhäuser:  Diese langgezogenen Gebäude waren in den römischen Provinzen weit verbreitet. Sie bestanden aus schmalen Parzellen entlang der Straßenzüge und kombinierten Wohn- und Arbeitsräume. In der einfachsten Ausführung bestanden sie aus wenigen Räumen, die zur Straße hin ausgerichtet waren. Entlang der Südstraße sind das Haus des Lucius oder das Haus des Ölhändlers eindrucksvolle Beispiele. Entlang der Nordstraße wurde in den letzten Jahren ein Wohngebäude ergraben, welches eine reich ausgestattetes Stadtpalais darstellt. Die Villa urbana war eine luxuriöse Wohnhausanlage, die als Rückzugsort einer reichen Familie der Oberschicht diente und als Repräsentationsbau mit aufwändigen Innendekor ausgestattet war.

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Hauptsaal der prächtigen der villa urbana - ein bemerkenswerter Fund ermöglichte die Rekonstruktion der Wandmalereien

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Die Innenräume der Wohnhäuser Carnuntums spiegelten ebenso den Status und die Vorlieben ihrer Bewohner wider. Je nach Bauweise der Gebäude gab es wie heute Wohn-, Ess-, Schlaf- und Kochräume, die sich oft um lichtdurchflutete Innenhöfe gruppierten. Die Höfe waren nicht nur ein beliebter Aufenthaltsort an heißen Tagen, sondern dienten auch dazu, Tageslicht in die Räume zu bringen, da die Fenster oft klein waren. Ein Badezimmer im heutigen Sinne gab es in der Regel in den Häusern nicht: In den ergrabenen Bereichen Carnuntums waren private Bäder oder Toiletten selten. Wenn vorhanden, befanden sie sich oft im Küchenraum, da dort der Abwasserzugang war. Manchmal schloss ein kühler, zugiger Badraum an, doch die meisten nutzten ohnehin die öffentlichen Thermen. Selbst einfachere Häuser konnten durch Wandmalereien, Mosaiken und skulpturalen Dekor eine gewisse Pracht entfalten. Besonders aufwendige Baumaterialien und Innenausstattungen finden sich in den Villen der reichen Oberschicht. Die Bodenheizung, die sogenannten Hypokausten, sorgte auch in kälteren Provinzen wie Pannonien für einen Wohnkomfort. 

Carnuntum zeigt ein Bild einer Stadt, die trotz ihrer Lage an den nördlichen Grenzen des Römischen Reiches stark von der römischen Architektur und Lebensweise geprägt war, aber dennoch lokale Anpassungen erfuhr. Das breite Spektrum an unterschiedlichen Haustypen und die Vielfalt der Innenraumgestaltung spiegeln den sozialen Reichtum und die kosmopolitische Struktur der Grenzmetropole wider.

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