Wissenschaft

Party like it's 200 AD - Festlich speisen im antiken Carnuntum

Ein Beitrag von Nisa Iduna Kirchengast - Redaktion: Daniel Kunc, Thomas Mauerhofer

Während wir uns heute zu Weihnachten, Silvester oder anderen festlichen Anlässen zu üppigen Mahlzeiten in geselliger Runde um den Tisch versammeln, blickten auch die Römer bei ihren Gastmählern, den sogenannten Convivia, auf eine lange Tradition zurück, die das Essen als zentrales Element des Genusses, der Gemeinschaft und des sozialen Ansehens zelebrierte. Sie waren weit mehr als bloße Gelegenheiten, Speisen und Getränke zu genießen – sie dienten der Pflege gesellschaftlicher Netzwerke, der Demonstration von Reichtum und Macht sowie der Selbstdarstellung des Gastgebers. Dabei spiegelten sie die Vielfalt der römischen Gesellschaft wider – von bescheidenen Mahlzeiten im kleinen Kreis bis hin zu opulenten Banketten, bei denen der Extravaganz keine Grenzen gesetzt waren. Wie Varro in seinen Menippeischen Satiren (335) beschreibt, gab es für ein gelungenes Festmahl vier „Suchkriterien“:

ipsum deinde constat convivium ex rebus quattuor (...): si belli homunculi conlecti sunt, si electus locus, si tempus lectum, si apparatus non neglectus.
Das Gastmahl soll ferner vier Bedingungen erfüllen: Wenn nette Leutchen zusammengesucht sind, wenn der Ort gut ausgesucht ist, wenn der rechte Zeitpunkt gesucht ist, wenn bei der Vorbereitung nichts unversucht geblieben ist.

Der Ort: Das Triclinium als Bühne des gesellschaftlichen Lebens

Das Convivium fand typischerweise im sogenannten Triclinium statt, einem Speiseraum oder ‑saal, der seinen Namen von den drei Liegen (Klinen) erhielt. Diese waren in U-Form um einen zentralen Tisch angeordnet. Diese Sitzordnung erleichterte nicht nur die Bedienung durch Sklaven, sondern förderte auch Blickkontakt und Kommunikation unter den Gästen. Jede Kline bot Platz für maximal drei Personen, wodurch sich die ideale Teilnehmerzahl eines Gastmahls auf neun beschränkte. War der Platz nicht ausreichend, wurden zusätzliche Sitzgelegenheiten bereitgestellt.

© RSV

Der Mosaikraum der Domus Quarta im Römischen Stadtviertel - © Römerstadt Carnuntum (Photo: T. Mauerhofer)

In größeren Villen gab es oft Sommer- und Wintertriclinia, die den klimatischen Bedingungen angepasst waren. Besonders beliebt waren Sommertriclinia in offenen Räumen mit Blick auf den Garten, um in den warmen Monaten die frische Luft zu genießen. In der Zivilstadt Carnuntum lassen sich ebenfalls römische Speisezimmer finden: Der Mosaikraum der Domus Quarta diente vermutlich als Sommertriclinium, der grüne Salon] der villa urbana als Wintertriclinium. Es war üblich, dass Eingeladene zusätzliche Gäste, sogenannte „umbrae“ (Schatten), mitbrachten, was Flexibilität und Improvisation seitens des Gastgebers erforderte. Auch die Sitzordnung folgte strengen gesellschaftlichen Regeln.  Frauen nahmen zunächst selten teil, ab der Kaiserzeit waren auch Ehefrauen und gelegentlich weibliche Gäste zugelassen. Dennoch blieben viele Convivia reine Männerrunden.

Das Menü: Feine Genüsse und opulente Speisen

Das Convivium begann meist nachmittags, um die neunte Stunde (ca. 16:00 Uhr im Sommer oder 14:00 Uhr im Winter), und dauerte oft bis tief in die Nacht. Vor Beginn wurde ein Tischopfer für die Hausgötter (Laren) dargebracht, um der Feier einen religiösen Rahmen zu geben. Die Mahlzeit startete mit einer gustatio (Vorspeise), zu der oft der süße Honigwein Mulsum gereicht wurde. Danach folgten mindestens drei Hauptgänge (fercula), die mit großer Sorgfalt zubereitet und präsentiert wurden. Die Gäste bedienten sich mit den Fingern oder einem Löffel, da Messer und Gabel, wie wir sie kennen, als Besteck nicht üblich waren. Die Qualität der Speisen hing stark vom Vermögen und Geschmack des Gastgebers ab.  Während die Elite exotische Speisen servierte, waren in der Mittel- und Unterschicht einfachere Mahlzeiten üblich. Besonders opulente Mahlzeiten beinhalteten kunstvoll zubereitete Fleischgerichte wie gegrilltes Wild, gefülltes Geflügel oder geräucherten Fisch, oft mit aufwendigen Saucen garniert. Durch Ausgrabungen in Carnuntum sind so etwa auch Austernschalen belegt, welche als Delikatesse konsumiert wurden.

© NÖ Landessammlungen

Der Verzehr von maris poma – Meeresfrüchten – spielte in der gehobenen römischen Küche eine ausgeprägte Rolle. - © NÖ Landessammlungen

Zum Abschluss wurde der Nachtisch (mensae secundae) gereicht – frische Früchte, süßes Gebäck oder pikante Kleinigkeiten wie Käse mit Honig. Die Auswahl war nicht nur eine Frage des Geschmacks, sondern auch ein Ausdruck von Luxus, da Zutaten wie Mandeln, Datteln oder Zimt als teure Importe galten.

Die Unterhaltung: Von Philosophie bis Akrobatik

Während des Mahls standen Gespräche im Mittelpunkt, die von Politik und Klatsch bis zu Philosophie und Literatur reichten. Anspruchsvolle Gastgeber organisierten musikalische Darbietungen, Poesie- und Theateraufführungen oder Geschichtenerzähler. Auch Akrobaten, Gaukler, Tänzerinnen oder dressierte Tiere sorgten für Unterhaltung.

Das Trinkgelage: Der feuchtfröhliche Ausklang

Nach dem Mahl folgte häufig ein Trinkgelage (comissatio), das durch das Anzünden von Kandelabern (Kerzenhaltern) signalisiert wurde. Dabei floss Wein in Strömen und die Stimmung wurde zunehmend ausgelassener. Typische Aktivitäten waren Würfelspiele, Gesang und bisweilen auch anzügliche Lieder – die Feiern dauerten oft bis in die frühen Morgenstunden.

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Ein Becher aus weißem Glas mit bandförmig angeordneten Glasfadenauflagen am Rand, in der Mitte und im Fußbereich. - © NÖ Landessammlungen

© Atelier Olschinsky
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